[Base] [Index]

Bettspiele am Sontagmorgen

Ein Ehepaar wurde rechtskräftig verurteilt, weil es zuließ, daß die fünfjährige Tochter am erigierten Penis des noch halb schlafenden Vaters "Gangschaltung" spielte. Die Eltern erhielten eine Freiheitsstrafe, die in Verbindung mit einer Geldstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde; das Kind kam in eine Pflegefamilie

(Dokumentation einer Marburger Frauengruppe, Zeitschrift Brigitte Nr. 22/1977)

(Zitat aus AHS-Papier S. 14)

Fall, der von einer Marburger Frauengruppe berichtet wurde, päd.extra 1978, H.3, S.8 f. zitiert nach Baurmann 1983, p. 67-68

Ein Arbeiterehepaar wurde in zweiter Instanz zu ca. 10000,- DM wegen "sexuellem Mißbrauch" der 5jährigen Tochter verurteilt. Die Revision wurde verworfen. Anlaß: Am 12.5.1977 wurde in Aalen ein Ehepaar wegen fortgesetzten sexuellem Mißbrauchs ihrer Tochter zu je 8 Monaten Freiheitsstrafe zur Bewöhrung und zu einer Geldstrafe von 3000,- DM verurteilt. Am 8.9.1977 wandelte das Landgericht Ellwangen das Urteil zweitinstanzlich in 5400,- DM Geldstrafe um. In der Sache folgten die Richter dem Urteil des Amtsgerichts Aalen. Was war geschehen?

Traumatisierende Verhöre

Das Mädchen Silvia (5) schlüpfte an Sonn- und Feiertagen morgens zu ihrer Mutter [...] und ihrem Stiefvater [...] ins Bett. Die Eltern, "die unbekleidet zu schlafen pflegten" (vgl. Urteilsbegründung) und Silvia spielten dann bis zum Aufstehen wie viele andere Familien amm Sonntagmorgen "Bettspiele" (Kissenschlachten, Raufen usw.).

Dabei soll Silvia auch manchmal am Penis ihres Stiefvaters "Gangschaltung" gespielt haben.

Als der leibliche Vater davon erfuhr, zeigt er das Ehepaar V. sofort an. Silvia, die schon infolge der Scheidung ihrer Eltern eine Odyssee zwischen Vater, Mutter und Großeltern hinter sich hatte, wurde in einer "Nacht- und Nebelaktion" (Zitat der Pflegemutter) vom Jugendamt abgeholt und in eine Pflegefamilie gebracht. Hier zeigt sie starke Zerstörungswut und Selbstverletzungstendenzen. Wiederholt wird das Kind zu den inkriminierten Tatbeständen verhört. Dabei drehen sich diese Verhöre, wie auch die beiden Prozesse lediglich um die Frage, ob das "Gangschaltungsspiel" stattgefunden hat, in welchem Zustand sich dabei der Penis des Otto V. befand und ob Vater oder Mutter Silvia zu den "Spielen" "ermuntert", "bestimmt" oder es "abgewehrt" haben. Die Frage, wie das Spiel überhaupt zu bewerten sei, wird trotz zweier ausführlicher Gutachten der Verteidigung zu diesem Problem nur in einem Nebensatz der Urteilsbegründung abgetan:

"Daß die festgestellten Manipulationen Silvias am Geschlechtsteil ihres Stiefvaters sowohl normativ als auch quantitativ sexuelle Handlungen von strafrechtlich relevanter Erheblichkeit darstellten, bedarf keiner weiteren Begründung."

Daß das Urteil in zweiter Instanz geringfügig abgeschwächt wurde, begründet das Gericht unter anderem damit, daß "keine auf- und abwärtsgerichteten, onanieähnlichen Manipulationen festgestellt werden konnten".

Der Rechtsanwalt kritisierte das Urteil in seinem Revisionsantrag auf mehreren Ebenen (einseitige Beweiswürdigung, Außerachtlassen der in den Gutachten dargelegten wissenschaftlichen Erkenntnisse, ungeprüfte Unterstellung einer sexuellen Absicht). Trotzdem lehnte das Oberlandesgericht Stuttgart die Revision ohne mündliche Verhandlung ab, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung seiner Einschätzung nach keinen Rechtsfehler ergeben hat.

[...]

Die Entscheidung des Jugendamtes, Silvia aus der Familie V. in eine Pflegefamilie zu bringen, wurde inzwischen erfolgreich gerichtlich angefochten. Silvia wurde in einem abgetrennten Verfahren endgültig ihrer Mutter [...] zugesprochen.

Die hehren Ziele der Rechtssprechung, der Schutz der Familie, Der Schutz des Kindes und der Schutz der Privatsphäre haben sich in der Praxis in ihr Gegenteil pervertiert: Die Privatsphäre der Familie wurde durch diese Eingriffe zerstört, das Kind durch die Verhöre traumatisiert, die ursprünglich sicher harmlosen Beziehungen in der Familie durch die Hintergedanken der Richter sexualisiert.