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Uwe
Im Gespräch mit einem 15jährigen
In: Angelo Leopardi (ed.), Der pädosexuelle Komplex, Berlin,
Frankfurt (Main): Foerster, 1988, S.89-98
Wir treffen ihn nach seinem Fußballtraining. Uwe ist
verschwitzt, trägt Jeans und weiße Turnschuhe und lächelt uns
an. Ein Traum jedes Päderasten. Er ist 15 Jahre jung und bereit, uns
ein Interview zu geben. Daßer etwas zu erzählen hat, wird
vorausgesetzt, denn Uwe ist seit einem halben Jahr mit seinem fast 20
jahre älteren Freund Günther zusammen. Er war es auch, der uns
ermunterte, das Gespräch mit Uwe zu suchen.
- Frage:
- Wie habt Ihr Euch kennengelernt?
- Antwort:
- Das war reiner Zufall, glaube ich, in einer
Eisdiele, in der ich mit Schulkameraden verkehre. Günther hat mich
richtig angemacht, und ich ahbe nicht nein gesagt. Er hat mir
imponiert, daß er sich nicht von meinen Freunden hat beirren lassen.
- Frage:
- Hattest Du schon vorher Kontakt zu Männern?
- Antwort:
- Nein, zu Männern nicht, aber natürlich zu
Gleichaltrigen. Das bleibt ja nicht aus. Heutzutage ist
homosexualität für junge Leute kein so großes Problem mehr, und ich
habe unter meinen Bekannten einige Typen, die auch schwul sind.
- Frage:
- Du scheinst ziemlich emanzipiert zu sein und über
den Dingen zu stehen. Aber macht es Dir nichts aus, daß die Leute in
Deinem Freundeskreis wissen, daß Du einen so viel älteren Freund
hast?
- Antwort:
- Nein, daß macht mir nichts aus. Natürlich gucken
manche schief, wenn ich mit Günther aufkreuze. Aber Günther ist in
seiner Art so jugendlich und verständnisvoll, daß meine Kumpels bald
merken: Der ist richtig! hinzukommt, daß ich von meinen Eltern
relativ viel Freiheit bekomme. Sie wissen zwar nichts von Günther,
aber sie wissen von mir, daß ich schwul bin und Männer mag. Und sie
haben nichts dagegen.
- Frage:
- Du weißt sicher, daß sich Dein Freund Günther
strafbar macht, wenn er mit Dir schläft. Homosexuelle Beziehungen
sind erst mit Mannern erlaubt, die 18 Jahre und älter sind. Was sagst
Du dazu? [Bemerkung: Par. 175 inzwischen ersetzt durch eine weit
schwächere Jugendschutzvorschrift, nach der jedoch Beziehungen mit
unter 16jährigen durchaus bestraft werden können]
- Antwort:
- Finde ich echt beknackt, denn Liebe ist doch immer
schön und nicht erst wenn man erwachsen ist. Ich bin nach meiner
Entwicklung längst soweit, daß ich Liebe und Sex brauche. Es würde
mir etwas fehlen wenn ich /günther nicht hätte. Er spricht manchmal
darüber, daß er sich vor der Polizei fürchtet und Angst hat, in den
Knast zu kommen. Dann nehme ich ihn in den Arm und bin ganz sanft, und
dann ist es wieder gut.
- Frage:
- Wie oft trefft Ihr Euch, und was macht Ihr in Eurer
gemeinsamen Freizeit?
- Antwort:
- Also, wir treffen uns zirka drei, vier Mal in der
Woche, meist abends nach 19 Uhr. Günther ist Drucker von Beruf und
hat manchmal Schicht, deshalb treffen wir uns mal häufiger, mal
seltener. Wir gehen ins Kino, in Konzerte, Schlittschuhlaufen, ins
Schwimmbad, je nachdem, was uns gerade Spaß macht. Ein festes
Programm haben wir nicht. Und natürlich besuche ich Günther oft in
seiner Wohnung, wenn wir Lust auf Sex haben. Der ist nämlich für
unsere Liebe sehr wichtig.
- Frage:
- Du sprichst von Liebe. Kannst Du mal sagen, was Du
darunter verstehst?
- Antwort:
- Liebe - ja, das ist wenn sich zwei Menschen
vertragen, wenn sie etwas miteinander anfangen können und wenn sie
Spaß am gemeinsamen Sex haben. Man merkt am ehesten, daß man
jemanden liebt, wenn er mal nicht da ist. Dann braucht man ihn einfach
und wird verrückt, wenn er nicht da ist oder man nicht zu ihm
kann. An manchen Sonntagen, wenn iwr in der Familie etwas unternehmen
und ich nicht zu Günther kann, merke ich das deutlich.
- Frage:
- Du weißt, daß Günther Dich wegen Deines Alters
liebt. Nun wirst Du zwangsläufig älter, und eines Tages bist Du für
Günther vielleicht nicht mehr die Nummer Eins. Hast Du davor Angst?
- Antwort:
- Eigentlich müßte ich einen Horror davor haben,
nicht mehr Günthers Freund zu sein. Aber seltsamerweise habe ich
keine Angst davor. Jetzt ist es schön, und ich will alles auskosten,
was mit diese Liebe bietet. Das Risiko, daß die Beziehung
auseinanderbricht, ist immer da, ob man Frauen, Männer oder Jungen
liebt. Die wenigsten Beziehungen dauern ewig. Ich merke das an meinem
Vater, der auch zum zweiten Mal geheiratet hat. Einige Jahre ging die
erste Ehe gut, dann war sie nur noch auf dem Papier da. Meine Eltern
hatten sich völlig auseinandergelebt. Und heute ist mein Vater in
seiner zweiten Ehe wieer glücklich, und auch ich finde meine
Stiefmutter ganz OK.
- Frage:
- Hat sich Deine Partnerschaft mit Günther schulisch
ausgewirkt?
- Antwort:
- Eigentlich kaum. Ich kann zwischen meinem Job als
Schüler und meiner Freizeit ganz gut trennen. Einmal gab es Trouble,
als mein Deutschlehrer in meinem Heft ein Foto von Günther mit
Widmung fand. Er war total geschockt und stellte mich zur Rede. Ich
habe ihm alles erklärt und ihn gebeten, es nicht weiterzusagen, und
er hat sich tatsächlich daran gehalten. Also im Grunde ein ganz
dufter Pauker mit viel Verständnis.
- Frage:
- Wie stellst Du Dir Deine Zukunft vor?
- Antwort:
- Zunächst will ich weiter zur Schule gehen und das
Abitur machen, dann werde ich weitersehen. Vielleicht kommt ein
Studium, vielleicht auch gleich eine Lehre. Zur Bundeswehr will ich
nicht, denn ich finde es total schrecklich, daß Menschen zu Mördern
erzogen werden. Ich halte es für sinnvoller, als
Zivildienstleistender zu arbeiten, wenn das geht. Privat hoffe ich,
noch immer mit Günther zusammen zu sein. Ganz allgemein möchte ich
mit einem älteren Mann zusammensein, der mir Sicherheit gibt und mir
notfalls auch sagt, wo es längs geht. Das schätze ich an so einer
Beziehung zusätzlich: Daß man jemanden hat, an den man sich halten
kann.
- Frage:
- Was rätst Du Jungen in Deinem Alter, die ebenfalls
Männer mögen, und was rätst Du aus Deienr Sicht pädophilen
Männern?
- Antwort:
- Raten ist nicht einfach! Jungen sollten sich
prüfen, ob sie den Mann wirklich lieben oder nur sein GEld oder
seinen Straßenkreuzer. Sie sollten aber keine Angst vor der Liebe
haben, denn sie ist wirklich super, einfach schön! Auch wenn sie nach
dem Gesetz verboten ist. Und die Männer sollten mehr Vertrauen haben
und nicht meinen, die Jungs wollten nur Sex und Geld. Sie wollen
Geborgenheit und zärtlichkeit - das ist es! Beide müssen vorsichtig
sein, solange sie von Gesetz und Gesellschaft verfolgt werden. Ich
hoffe, daß das einmal abgeschafft wird. Vielleicht gehöre ich ja
selbst zu denen, die eines Tages auf Jungen stehen. Wer weiß!