Diese Ergebnisse bestätigen die von Bange (1992) gemachten SudentInnenbefragungen, die ebenso deutlich machen, daß ein nicht geringer Teil der Opfer als Jugendliche von Gleichaltrigen (ein bis vier Jahre älter) gegen ihren Willen un mit körperlicher Gewalt zu sexuellen Handlungen gezwungen werden.
[p.90] Die Erfahrungen von Zartbitter decken sich mit den zitierten Forschungsergebnissen: Die Täter beginnen ihre "Täterkarriere" in jungen Jahren und haben im Laufe der Zeit viele Opfer. Ähnlich wie bei Drogenkarrieren ist eine Suchtstruktur zu erkennen. Häufig beginnen Täter z.B. mit von der Allgemeinheit fälschlicherweise als "harmlos" eingestuften exhibitionistischen Handlungen, die durchaus traumatisierende Wirkung auf das Opfer haben können. Im Laufe der Zeit verschärfen viele Täter die Formen der Gewaltanwendung bis hin zu extrem sadistischen Taten.
[p.104] Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist ein nahezu "perfektes" Verbrechen, denn die Täter brauchen in der Regel keine Konsequenz zu fürchten. Dementsprechend glauben viele, die Ausnutzung der Abhängigkeit des Kindes sei rechtens; um ein Verbrechen handle es sich lediglich, weil "es" unter Strafe steht, nicht aber weil dem Mädchen/Jungen Schaden zugefügt werde. Allenfalls soll die Reaktion der Umwelt das Opfer traumatisieren, denn diese vermittle dem Kind überhaupt erst, daß etwas Schlimmes und Verbotenes geschehen sei.
Spricht man Mißbraucher auf beobachtete "mehr oder weniger leise" Übergriffe an, so halten die wenigsten von ihnen mit der skizzierten Denkweise hinter dem Berg. Nach dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung" beschuldigen sie ihr Gegenüber der Prüderie, der Verleumdung und/oder sie argumentieren, das Kind würde durch solche Diskussionen in der Entwicklung beeinträchtigt.