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Borneman Ernest
Ullstein Enzyklopaedie der Sexualitaet
Frankfurt/M., Berlin (1990)
unter dem Eintrag "Paedophilie" S. 585f.
Weis und Mitarbeiter stellten bei 44 von 83 Kindern Dulden und
Anregen sexueller Verstoeße fest (A Study of Girl Sex Victims,
Psychiatric Quarterly 29,1, 1955). Geisler erwähnt das erste sexuelle
Erlebnis eines neunjaehrigen Maedchens, bei dem vielleicht noch
Zweifel bestanden, ob die Initiative von dem Kind oder dem Erwachsenen
ausging. Nach diesem Erlebnis jedoch "fanden in wenigen Wochen zwei
weitere Vorkommnisse dieser Art mit anderen Taetern statt und wurden
offensichtlich von dem Kind gesucht". Ein anderes Maedchen, eine
Zehnjaehrige, "war nach den Anblick eines Exhibitionisten sexuell
interessiert, warf wache Blicke auf Maenner und bot sich ihnen in
aufreizender Stellung an Absperrgerüsten turnend dar. Sie war dann
auch bereit, mit Maennern 'mitzukommen', und erwartete kleine
Geschenke dafür." Ein drittes Maedchen, 13 Jahre alt, wurde unter
Aufsicht des Jugendamtes gestellt, nachdem es einen aelteren Mann "zur
Demonstration der maennlichen Sexualvorgaenge veranlasst hatte".
Geisler berichtet auch ueber eine Gruppe von 35 Maedchen zwischen zehn
und elf Jahren: "Zwei von ihnen suchten oft die Naehe eines 80jährigen
Nachbarn, liessen ihm Liebesbriefe und kleine Geschenke zukommen.
Spaeter brachten sie den alten Mann dazu, sich von ihnen betasten zu
lassen. Sie liessen sich gegen kleine Geldbetraege entbloesst
betrachten und steigerten allmaehlich das dafuer ausgesetzte Geld"
(Das sexuell missbrauchte Kind, S. 78, 79, 31). Mirow berichtet in
sehr aehnlicher Weise ueber regelmaessige geschlechtliche Beziehungen
koerperlich noch infantiler Maedchen, sogar einer Zehnjaehrigen
(Somatische und psychische disharmonische Reifung, Zeitschrift fuer
Kinderheilkunde, 66, 349, 1949). Geisler erwaehnt zwei Maedchen der
Altersstufe von 12 bis 13 Jahren: "Zwei von ihnen erregten mit
anzueglichen Fragen einen alten blinden Zeitungsverkaeufer, der sich
zu unzuechtigen Antworten und Beruehrungen hinreissen liess. - Eine
andere duldete lange schmusend Zudringlichkeiten ihres Stiefvaters und
suchte so, kleine Vorteile zu erlangen. - Eine retardierte
Hilfsschuelerin suchte immer wieder die Naehe exhibitionierender
Maenner und steigerte sich so in sexuelle Wachphantasien... Ein
12jaehriges, bereits matures Maedchen hatte mit verschiedenen
Bekannten Verkehr, die sie in dem Glauben liess, bereits 16 Jahre alt
zu sein. Als sie fuerchtete, Folgen des Geschlechtsverkehrs koennten
sich im Gesicht zeigen, suchte sie den Rat einer verheirateten
17jaehrigen, wie sich diese beseitigen liessen. Ihr gegenueber sprach
sie von einer erlittenen 'Vergewaltigung', und diese junge Frau
informierte sofort die Polizei. Die 12jaehrige war bei der
Begutachtung sofort bereit, den wahren Sachverhalt zu berichten, und
sie machte sich schwere Sorgen, dass die Freunde wegen der Anzeige nun
Schwierigkeiten haben koennten. - Eine koerperlich noch wenig
entwickelte 12jaehrige gab sich mit bescheidenen Mitteln ein
damenhaftes Aussehen, suchte planmaessig einen fuer solche Naeherungen
bekannten Park auf und vereinbarte hier mit einem Mann, fuer 5 Mark
Verkehr auszuueben" (ebd. S. 32). Frey und Geisler sind sich darueber
einig, dass sexuell "missbrauchte" Kinder eine Neigung besitzen, sich
neuerlich "missbrauchen" zu lassen (Frey: Die Psychologie der
Zeugenaussagen Jugendlicher. Zeitschrift fuer Kinderpsychiatrie 12,
105, 1945-6. Geisler, op. cit. S. 59). Geisler fasst alle bis 1959
wissenschaftlich erfassten Faelle zusammen und stellt fest, dass bei
25 Prozent der von Sittlichkeitsdelikten betroffenen Kinder
Entgegenkommen bis zum aktiven Herausfordern des Taeters zu erkennen
war.