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Marquardt C.

Rechtliche Ma�nahmen zum Schutz des Kindes

in: Enders (Ed.) Zart war ich, bitter war's, Kiepenheuer & Witsch, K�ln, S.180 - 191 (1995)

[p.215]

[p.180] Niemand ist gesetzlich verpflichtet, einen Fall von sexuellem Kindesmi�brauch den Ermittlungsbeh�rden anzuzeigen. Dies gilt auch f�r Personen, die dienstlich davon erfahren (Par. 138 StGB). Grunds�tzlich sollte eine Strafanzeige zun�chst unterbleiben. In der Regel steht das Ermittlungsinteresse von Polizei und Staatsanwaltschaft dem Kindeswohl diametral gegen�ber. Deshalb sollte eine Strafanzeige nur �ber eine mit der Problematik vertrauten Rechtsanw�ltin gemacht werden. [...]

Eine Strafanzeige sollte keinesfalls vorschnell erstattet werden. Sicher werden oft deshalb so schnell Strafanzeigen erstattet, weil die vielf�ltigen M�glichkeiten des Zivilrechts zu wenig bekannt sind. Aber auch die zivilrechtlichen Schritte m�ssen gut �berlegt sein. [...] Es m�ssen rechtliche Ma�nahmen eingeleitet werden, die eine dauerhafte r�umliche Trennung vom T�ter gew�hrleisten. [...]

[p. 187]

Strafverfahren

Sexueller Kindesmi�brauch ist strafbar. Aber niemand, auch nicht das Jugendamt, ist verpflichtet, das Strafverfahren zu initiieren. Haben Polizei oder Staatsanwaltschaft Kenntnis vom Verbrechen, so kann das Ermittlungsverfahren nicht mehr aufgehalten werden. [...]

Die Entscheidung, ob ein Strafverfahren gegen den T�ter in Gang gesetzt wird, sollte vom Willen des Kindes, soweit dies wegen seines Alters m�glich ist, abh�ngig gemacht werden. Es ist ratsam, da� eine Anw�ltin dem Kind bei der Entscheidung zur Seite steht. Eine Strafanzeige mu� gut �berlegt werden. Das mi�brauchte Kind ist Objekt erwachsener W�nsche gewesen. Wir m�ssen aufpassen, da� wir das Kind nicht wieder zum Objekt erwachsener W�nsche machen.

[...]

[p.188] Niemals sollte zugelassen werden, da� das M�dchen / der Junge ohne anwaltlichen Beistand von den Ermittlungsbeh�rden vernommen wird! Leider werden Kinder und Heranwachsende immer wieder, oft sogar allein, zu Vernehmungen geschickt. Nochmals: Polizei und Staatsanwaltschaft haben ganz andere Interessen als das Kindeswohl im Auge. Je seltener das Kind aussagen mu�, desto besser.