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Riße M., Püschel K., Lignitz E.

Tödliche Gewalt von Jugendlichen an Kindern - Sexuelle Motivation im Vordergrund

Archiv für Kriminologie 195, 1/2, S. 3-8 (1995)

Zusammenfassung

Anhand von 7 Fallbeobachtungen, zusammengetragen aus dem Sektionsgut zweier Rechtsmedizinischer Institute (Hamburg sowie Berlin-Ost), werden die Umstände von Tötungsdelikten dargestellt, die von Jugendlichen an Kindern begangen wurden. Auf die Tendenz einer sexuellen Färbung bei derartiger Täter-Opfer-Konstellation wird hingewiesen. Die Tötungshandlung erfolgte zumeist durch Strangulation; es handelte sich um Verdeckungstaten nach vorangegangenen sexuellen Handlungen.

Insgesamt sind derartige Fälle sehr selten; weiterführende Aussagen zur Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen sind nicht möglich.

Textauszüge

Keinesfalls läßt sich im hier untersuchten Obduktionsgut eine Zunahme von extremer Gewalt unter Jugendlichen und Kindern konstatieren. [...]

Eine Auswertung des Hamburger Sektionsgutes von Lockemann und Püschel (1992) ergab unter 12 000 Sektionen eines 10-Jahres-Zeitraumes 30 Strangulationstodesfälle bei Kindern bis zu 14 Jahren (16 weiblich, 14 männlich), darunter 18 Tötungsdelikte. [...]

Überwiegend handelt es sich um Verdeckungsstraftaten nach sexuellen Handlungen. Insofern zeigen sich keine Prrallelen zu Fällen mit altersmäßig gleicher Täter-Opfer-Konstellation, bei denen es sich um planmäßige Lustmorde oder um solche mit ausgeprägter sadistischer Charakteristik gehandelt hat. Ein derartiger Fall von "Lustmord" wurde bereits 1895 von Wahncau aus der Hamburger gerichtsärztlichen Praxis beschrieben. Weitere Fälle teilt Berg in seiner 1963 erschienenen Monographie "Das Sexualverbrechen" mit. Zu dieser Zeit (1962-1966) beschäftigten sich Polizei und Öffentlichkeit im Rheinland mit vier Kapitalverbrechen an Knaben im Alter von 8-13 Jahren. Als Täter konnte der 1946 geborene J.B. ermittelt werden, gutachterlich als Triebtäter bezeichnet, der einen eindeutig auf Kinder im Alter von 8-13 Jahren bezogenen Tötungstrieb besaß. In ihm wurzelten gleichermaßen sadistische, homosexuelle, pädophile, nekrophile und feteschistische ZÜge (zit. nach Bauer 1969). Derart extreme sadistische Motiv-Färbungen, auslösend für kriminelle Exzesse, sind selten, ebenso wie vorsätzliche, von vornherein geplante Tötungsdelikte dieser altersbezogenen Täter-Opfer-Konstellation. [...]