Die zahlreichen Unzulänglichkeiten, mit denen moderne
Gesellschaften behaftet sind oder die sie überhaupt erst
hervorbringen, sind (scheinbar) leicht zu entdecken: Arbeitslosigkeit,
Drogenmißbrauch, Obdachlosigkeit, sexuelle Gewalt,
Umweltzerstörung... Keine dieser kollektiven Notlagen - sei sie
für die Betroffenen auch noch so bedrückend - erlangt jedoch
von 'sich aus' öffentliche Aufmerksamkeit und politische
Anerkennung. Vielen durchaus kritisierbaren Lebenslagen gelingt dies
erst spät oder überhaupt nicht. Was wir soziales Problem
nennen, entsteht tatsächlich erst in einem langwierigen, manchmal
auch wechselhaften politischen Definitions- und
Entscheidungsprozeß. Er zwingt konkurrierende Interessengruppen
in Bündnisse, preßt Probleme im Kampf um Beachtung in eine
massenmediale Skandalform, nötigt den Wohlfahrtsstaat angesichts
knapper Ressourcen zu opportunistischen Entscheidungen über
Problemanerkennung und Bekämpfungsstrategien.
Wie ein soziales Problem in der heutigen Zeit Karriere macht, wann
dies gelingt, und warum manchmal auch nicht, erklärt dieses Buch.
Hauptkapitel
1. Theoretische Einführung: Vom Sachverhalt zum sozialen Problem
2. Problemgeschichte: Erste Thematisierung und weitere Entwicklung
3. Kollektive Akteure: Handelnde Gruppen und ihre Interessen
4. Problemmuster: Die ideelle Grundlage von Problemwahrnehmungen
5. Diskursstrategien: Durchsetzung und Absicherung von Problemdeutungen
6. Öffentlichkeit: Wechselspiel zwischen Massenmedien und Bevölkerung
7. Der Wohlfahrtsstaat: Anerkennung und Institutionalisierung sozialer Probleme
8. Soziale Sachverhalte: Wissenschaftliche Erforschbarkeit und Problemeignung
9. Die Soziologie: Zwischen Wahrhaftigkeit und Delegitimierung