Stern: Herr Professor Schorsch, f�r wen wird Kinderpornographie hergestellt, wer sind die potentiellen Abnehmer solcher Schriften, Fotos und Filme?
Schorsch: Kinderpornographie richtet sich fast ausschlie�lich an den Kreis der P�dophilen, das sind Menschen, f�r die nur Kinder als sexuelle Partner in Frage kommen.
Stern: K�nnen auch Menschen, die vorher keine p�dophilen Neigungen hatten, durch Kinderpornographie zum sexuellen Umgang mit Kindern angereizt werden?
Schorsch: Ich halte die "Ansteckungsgefahr" f�r �u�erst gering. Kinderpornographie wird f�r eine nicht benennbare Zahl von Menschen gemacht, die p�dohile W�nsche haben. Von denen wird sie gekauft, bei denen wird sie abgesetzt. F�r Menschen, die solche Tendenzen nicht haben, ist solche Pornographie nicht reizvoll und auch kein Verf�hrungsobjekt. Von einer "Einstiegsdroge" kann man sicherlich nicht sprechen. Der Kreis der P�dophilen wird durch die Existenz von Kinderpornographie nicht vergr��ert, jedenfalls nicht wesentlich.
Stern: Wie kommt es zur P�dophilie? Welche psychischen Dispositionen, welche fr�hkindlichen Pr�gungen sind daf�r ausschlaggebend?
Schorsch: Das l��t sich in diesem Rahmen nur sehr pauschal beantworten. Ein Aspekt, der zur P�dophilie f�hrt, sind starke Unzul�nglichkeitsgef�hle in Bezug auf die eigene M�nnlichkeit. Solche M�nner sind der Konfrontation mit einer erwachsenen Frau oft nicht gewachsen. Sie f�hlen sich beim Kontakt mit dem anderen Geschlecht nur sicher und stark, wenn ihnen die Frau in Gestalt eines Kindes begegnet.
Zum anderen handelt es sich h�ufig um M�nner, die auf Grund einer hochkomplexen Problematik dazu neigen, sich sehr stark mit Kindern zu identifizieren. Sie wiederholen sozusagen ein St�ck der eigenen Kindheit in der Beziehung zum Kind. Bei vielen anderen spielen f�rsorgliche Aspekte eine gro�e Rolle. Sie stellen gewisserma�en die eigene Eltern-Kind-Situation regressiv wieder her und wiederholen nun Dinge oder inszenieren sie, die f�r die Bew�ltigung ihrer eigenen Probleme, ihrer Geschichte, von Bedeutung sind. Das ist ein sehr h�ufiger Aspekt, den man bei P�dophilen findet.
Stern: Kommt P�dophilie denn in erster Linie bei M�nnern vor?
Schorsch: Ja []
Stern: Gibt es P�dophile, die sich mit Pornographie begn�gen und auf den direkten sexuellen Umgang mit Kindern verzichten?
Schorsch: Die gibt es sicherlich, ja. Es gibt M�nner, die p�dophile W�nsche haben, aber zugleich starke Barrieren, so etwas in der Realit�t auch wirklich zu tun. Die begn�gen sich mit Pornographie, verlagern ihre W�nsche sozusagen in die Phantasie und reagieren sie dort ab. Insofern hat solche Pornographie f�r viele sicher auch eine Entlastungsfunktion.
Stern: Wie sch�tzen sie die Gefahren f�r die Kinder ein, die zur Herstellung pornographischer Fotos und Filme benutzt werden?
Schorsch: Auch bei unagressiven sexuellen Kontakten lassen sich negative Auswirkungen auf die Entwicklung eines Kindes nicht ausschlie�en. Ich finde es in jedem Fall problematisch, wenn Kinder in sehr fr�hem Alter lernen, da� Sexualit�t im weitesten Sinne benutzt werden kann, zum Beispiel, um materielle oder andere Zuwendung zu erreichen. Das halte ich f�r eine hochbedenkliche Erfahrung f�r die Kinder. Das sollte man nicht verharmlosen. Wie Kinder im einzelnen solche Erfahrungen verarbeiten, h�ngt sicherlich davon ab, in welcher Umgebung sie leben und welche Auffangm�glichkeiten diese Umgebung ihnen bietet.
Stern:[] Selbstmorde bei P�dophilen kommen relativ h�ufig vor. Woran liegt das?
Schorsch: Suizidgef�hrdet sind meinst solche M�nner, die ihre p�dophilen Tendenzen stark ablehnen und sehr konfliktreich erleben. Wenn ihre Neigung dann entdeckt wird, also aus der Heimlichkeit herauskommt, k�nnen sich bei solchen M�nnern so starke Schuldgef�hle und ein solcher Selbstha� entwickeln, da� sie im Selbstmord den einzigen Ausweg sehen.
Stern: L��t sich P�dophilie therapieren? Ist es �berhaupt angezeigt, sie therapeutisch anzugehen?
Schorsch: Das l��t sich nicht generell beantworten. Symptombildungen wie P�dopohilie haben wie gesagt eine kompensatorische Funktion: Sie sollen innere Schwierigkeiten und Br�che in der m�nnlichen Entwicklung ausgleichen. Bei manchen Menschen funktioniert dies tats�chlich in dieser Weise, d.h. sie akzeptieren ihre sexuelle Orientierung, stehen dazu vor sich und anderen und leiden nicht darunter. Das sind die sogenannten �berzeugungsp�dophilen. Hier fehlen nat�rlich die Voraussetzungen f�r eine Therapie. Sehr h�ufig erleben aber M�nner ihre p�dophilen Neigungen als �u�erst problematisch und k�nnen sie nicht mit ihrem Wertsystem und ihrem Selbstbild in Einklang bringen. Sie leiden darunter, da� sie sich immer wieder zu Kindern hingezogen f�hlen oder zwanghaft entsprechende Situationen aufsuchen m�ssen. Hier ist eine Therapie angezeigt und sicherlich auch erfolgversprechend. Das Ziel w�re in diesen F�llen, die p�dophile Symptombildung aufzul�sen und andere M�glichkeiten zu finden, mit den zu Grunde liegenden Schwierigkeiten zurechtzukommen.