Peter Aschwander ist ein Schweizer Regisseur. Er hat einen Fernsehfilm gedreht �ber einen Menschen am Rand der Gesellschaft - den P�dophilen Daniel Hartmann, der im Jahre 1990 festgenommen und nach einem Strafproze� zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurde. Hartmann hatte von Jungen im Alter zwischen 12 und 16 Jahren verschiedene Videoaufnahmen angefertigt, in denen unter anderem nackt herumtollende Knaben, aber auch sexuelle Handlungen der Buben untereinander zu sehen sind. Die Polizei stellte w�hrend der Hausdurchsuchung bei Hartmann alle auffindbaren Videob�nder sicher. Das Material zeigte offensichtlich in der Hauptsache "lediglich" die Jungen beim Skateboard-Fahren, Computerspielen, oder �hnlichem. Aus dem gesamten Material wurde dann von der Stadtpolizei Z�rich alle sexualbezogenen Szenen herausgeschnitten und zu einem neuen Videoband zusammengef�gt, das somit ausschlie�lich sexuelle Handlungen zeigte. Dieses "Demo"-Band wurde schlie�lich von der Polizei mit eigens ausgew�hlter Musik "versch�nert". Dies best�tigte Peter Aschwander in einem Fernseh-Interview. Der p�dophile Erwachsene Daniel Hartmann, der die urspr�nglichen Videofilme gedreht hat, war an den sexuellen Handlungen nicht beteiligt - ebensowenig wie andere Erwachsene.
F�r seinen Fernsehfilm konnte Aschwander sowohl den verurteilten Daniel Hartmann, der auf volle Namensnennung bestand, als auch zwei der von Hartmann gefilmten Jungen, einschlie�lich jeweils eines Elternteils, als interviewpartner gewinnen. []
Die Interviewpartner sind - neben Daniel Hartmann - die etwa 14 Jahre alten Jungen Roman und Roni, sowie Romans Mutter und Ronis Vater. Roman und seine Mutter stellten sich auch, �brigens mit voller Namensnennung, einer Diskussion im Schweizer Fernsehen zur Verf�gung, die im Anschlu� an Aschwanders Film "Der Fall Daniel H." angesetzt worden war. Der Film, ebenfalls mit anschlie�ender Diskussion, wurde 1992 auch von dem deutschen Fernsehsender 3-sat ausgestrahlt. []
Roni: Es gab Kinder, die nur wegen des Geldes zu ihm gingen. Doch es gab auch welche, die ihn als Kollege betrachteten.
Roman: Ich glaube, da� die meisten wegen des Geldes zu ihm gingen. Sie dachten, wenn sie von ihm Geld bekommen, sollten sie hingehen.
Roni: Es herrschte eine lockere Stimmung. Daniel Hartmann vergewisserte sich immer, ob man die Aufnahmen wirklich machen wollte. Wir wurden nicht bedr�ngt und mu�ten uns beim Ausziehen nicht beeilen.
Roni: Daniel wollte, da� ich mehr mache. Ich lehnte ab. Er respektierte mich. Er ber�hrte mich nie.
Roman: Die Polizisten behandelten uns wie Dreck. Als ob wir Huren w�ren. Die Polizisten sagten, da� wir genau gewu�t h�tten, was wir taten. Sie hatten eine schlechte Meinung von Daniel - und auch von uns.
Roni: Sie behandelten uns wie Verbrecher und konfrontierten uns mit Tatsachen. Sie wollten die Namen der anderen wissen und fragten uns intime Dinge.
Vater: Was ich im Protokoll las, fand ich nicht so schlimm. Doch der Polizist war der Ansicht, da� Roni etwas verheimlichte. Ich war nicht der Meinung, da� Roni jemanden deckte. Der Polizist wollte noch mehr aus meinem Sohn herauspressen. Ich mu�te dann wieder hinaus.
Roman: Die Kinder waren wohl deshalb b�se auf Daniel Hartmann, weil sie zur Polizei gehen mu�ten. Sie bekamen Probleme zuhause und wurden bei der Polizei registriert. Einige waren dort schon bekannt. So bekamen sie eine Wut auf Daniel. Vielleicht wollten sie auch nicht wahrhaben, da� sie sich mit einem solchen Mann eingelassen hatten. Ihre eigenen Taten verdr�ngten sie.
Vater: Roni erz�hlte mir, da� Hartmann einmal von zweien verpr�gelt wurde. Er wehrte sich nicht dagegen. Ich habe den Eindruck, dieser Mann kann kein Kind strafen.
Mutter: Roman war aufgew�hlt von der Sache mit Herrn Hartmann. Er hatte M�he, das Ganze zu verarbeiten. Ich merkte, da� er sich gegen�ber Hartmann aggressiv zeigte. Obwohl er oft bei ihm gewesen ist.
Mutter: Auf einmal sagte Roman, die Kinder seien sehr gemein zu Hartmann. Von da an, glaube ich, konnte er die Sache verarbeiten.
Vater: Als mein Sohn von der Gerichtsverhandlung heimkam, war er entsetzt �ber das Geschehen im Gerichtssaal. Man zog �ber den Angeklagten her und behauptete unwahre Sachen.
Vater: Roni war so entsetzt, da� er mit Kollegen Unterschriften sammelte.
Roni: Von der Unterschriften-Sammlung erwarteten wir keinen Freispruch, sondern da� das Gericht erkennt: er ist kein Kindersch�nder. Wir wurden nicht gezwungen, sondern gingen freiwillig zu ihm.
Aschwander: Ich m�chte zu den anderen sagen - es sind nur zwei gewesen -, da� wir viele Knaben gehabt haben, die bereit gewesen w�ren, auch �ffentlich zu sprechen, aber die es nicht gemacht haben, weil sie Angst vor den Eltern hatten. Sie sagten: 'Wenn das meine Mutter wei�, da� ich da spreche - das will ich nicht, also mach ich's nicht." Wir hatten Jugendliche, die hatten Angst vor anderen Jugendlichen - 'Also wenn die wissen, da� ich hier spreche ... also, wir haben abgemacht, wir wollen nicht sprechen, aber ich m�chte eigentlich...'. Das war die Situation. Deshalb waren es letztlich nur zwei, die auch keine Angst vor der Reaktion ihrer Eltern hatten.
Aschwander: [bat, ein paar Zitate vorlesen zu d�rfen] Dann steht im Protokoll: 'Das Kind beginnt zu weinen.' Es sagt nichts mehr. Ende der Einvernahme: 15.30 Uhr. 16.00 Uhr: Fortsetzung der Einvernahme. Frage des Polizisten: 'Bist du jetzt bereit, die Wahrheit zu sagen?' - 'Ja, ich bin bereit.'
Moderator (zu Roman): Wie kamst du dir vor?
Roman: Das finde ich auch - da� die Polizei kein Recht haben soll, einen zu zwingen, eine Aussage zu machen.