Das bedeutet nicht, daß jedes auffällige oder unangepaßte Verhalten genetisch bedingt ist, doch sollte immer an eine Wechselwirkung zwischen einer bestimmten genetischen Konsittution eines Kindes und der Reaktion der Umwelt auf dieses Kind gedacht werden. Diese Ansicht vertrat auch Albert Ellis, der Begründer der Rational-emotiven Therapie, auf dem Jahreskongress der Amerikanischen Psychologenvereinigung (APA) im Sommer 1994. Warum er die Annahme, wonach Persönlichkeitsstörungen ausschließlich Folge von elterlicher Ablehnung, Vernachlässigung oder Mißbrauch sein sollen, für einen "Mythos" hält, begründete er dort in drei Punkten:
Der Enfluß der Gene sollte nicht unterschätzt werden, so Ellis. Den Genen sei es zuzuschreiben, daß nicht alle vernachlässigten Kinder Persönlichkeitsstörungen entwickeln. Den Genen sei es aber auch zuzuschreiben, daß eine glückliche Kindheit umgekehrt nicht immer vor psychischen Problemen schützt und daß sich bestimmte Persönlichkeitsstörungen in Familien häufen. "Vernachlässigung und Kindesmißbrauch durch die Eltern sind in gewisser Weise für praktisch alle Kinder schädlich", meint Albert Ellis. Er warnt jedoch davor, einen kausalen Zusammenhang zwischen Kindesmißbrauch und Persönlichkeitsstörung herzustellen und die frühe Kindheit als einzigen Faktor zu betrachten. "Die Überzeugung, daß dies der hauptsächliche und einzige Faktor ist, ist wahrscheinlich ein Mythos."