Wieweit die Vorstellung von vorwiegend älteren oder greisen Sittlichkeitstätern noch verbreitet ist, ist schwer einzuschätzen. Eine reale Grundlage hat sie nicht, wie z.B. die Resultate von Baurmann zeigen.
Viele Pädophile erkennen schon früzeitig, etwa mit Eintritt der Pubertät, ihre sexuelle Orientierung, andere erst später. Trotzdem ist allen gemeinsam, daß sie das Gefühl haben, dies wäre schon immer in ihnen gewesen und sie hätten es nur "entdeckt". Wie viele Homophile, versuchen auch Pädophile oft sehr lange, ihre sexuelle Identität vor sich selbst zu verleugnen. Ein spätes "coming out" bedeutet somit nicht, daß die Person erst zu diesem späten Zeitpunkt pädophil wurde, sondern eher daß sie es aufgegeben hat, es vor sich selbst zu verleugnen. Eine Variante davon ist der langjährig Verheiratete, der sich als "bisexuell" ansieht, dies aber nach einem Scheitern der Ehe aufgibt und zum reinen Pädophilen wird.
Ein solches verspätetes "coming out" kann dazu führen, daß manche Pädophile erst spät mit sexuellen Kontakten zu Kindern beginnen. Dies wird jedoch offensichtlich deutlich durch die generell höhere sexuelle Aktivität junger Männer im Vergleich zu älteren überschattet.
Für die Kinder scheint das Alter des Erwachsenen kaum eine Rolle zu spielen. Für sie gehören alle Erwachsenen einer mehr oder weniger undifferenzierten Kategorie "alt" an. Für die Pädophilen erfreulich - sie haben verglichen mit Homosexuellen weniger "Alterungssprobleme".
Als Tatverdächtige und Täter traten fast ausschließlich Männer (99,6 %), und zwar vorwiegend im Alter von 25 bis 35 Jahren auf. Die immer noch weit verbreitete Vorstellung von einer Mehrzahl älterer und greiser Sittlichkeitstäter ist also unzutreffend.
Zusätzlich gilt für die älteren Tatverdächtigen, daß ihnen selten drohendes oder gewalttätiges Verhalten vorgeworfen wurde. Während von 23.5% der Täter under 46 Jahren Drohung oder Gewalt ausgeführt wurde, waren es bei den Tatverdächtigen über 45 Jahren nur noch 7.2%. Besonders gefährlich scheinen für die jungen Frauen die Männer im Alter zwischen 14 und 25 Jahren zu sein. Ein Drittel der angezeigten Sexualdelikte, die von diesen Männern ausgeführt wurden, war gewalttätig.
Der Altersunterschied zwischen Opfer und Täter betrug im Durchschnitt 25 Jahre, beim erzwungenen Sexualkontakt allerdings nur noch sieben Jahre. Die Sexualopfer waren also vorwiegend junge Frauen und Mädchen, die von Männern "in den besten Jahren" bedroht wurden.
Die Konstellationen mit einem viel älteren Beteiligten gelten bei uns als abnorm und in generalisierender Weise wird dann häufig angenommen, ein in dieser Weise "perverser Sexualtäter" müsse wohl auch gewalttätig sein. Mit gewalttätigem und drohenden Verhalten fielen jedoch bei dieser Untersuchung besonders die Tatverdächtigen auf, die ein ähnliches Alter wie das Opfer hatten.