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Erinnerung an Mißbrauchserlebnisse
Verdrängte Kindheitstraumata ist ein zentrales Element der
Psychoanalyse. In letzter Zeit gerät die Theorie der Verdrängung
zunehmend unter Kritik. Eine gute Übersicht liefert Nuber
- Das Gedächtnis ist stark - weitaus stärker als man annimmt -
manipulierbar. Siehe hierzu die Untersuchungen von Loftus und Neisser.
- Die Rolle der Kindheitstraumata wird stark überschätzt, negative
Folgen als zwangsläufig dargestellt. In der Realität verkraften viele
Kinder solche Traumata ohne nachweisbare Schäden. Lösel und Wolin untersuchen Gründe, warum
einige Kinder stabiler in dieser Hinsicht sind.
- Insbesondere wird die Rolle genetischer Faktoren wird stark
unterschätzt oder sogar negiert. Die gegenteilige Position wird
vertreten von Ellis, Holsboer, Seligman
Eine besondere Rolle spielt die Position Freuds in dieser Frage.
Zuerst vertrat er die Trauma-Hypothese, später ging er davon ab und
nahm an, die späteren Erinnerungen müßten nicht mit der Realität
übereinstimmen. Von Vertretern der Trauma-Theorie wird dies als Verrat
gebrandmarkt. Powell & Boer
zeigen jedoch, daß Freud selbst stark manipulative Techniken anwandte,
und vermuten, dies sei ihm bewußt gewesen und hätte seinen
Meinungsumschwung bewirkt.
Durch manipulierte Erinnerungen wurde bereits verheerender
Schaden angerichtet. Viele Familien wurden zerstört, Unschuldige
angeklagt und inhaftiert.
Andererseits sollte man diese Kritik nicht als generellen Angriff
auf die "Opfer" mißverstehen. Trotz dieser Kritik gilt:
- Die Mehrheit der Opfer sexuellen Mißbrauchs hat klare und
eindeutige Erinnerungen an den Mißbrauch und hat diese nie
verdrängt. Sie sind somit von der Kritik an der "Verdrängungstheorie"
nicht betroffen.
- Es können durchaus auch reale Ereignisse wiedererinnert werden.
- Es ist jedoch Fakt, daß Erinnerungen sehr leicht manipulierbar
sind.